Peter Habegger

Der Täuferlehrer Peter Habegger von Schwarzentrub (1655-?)

Die Habeggers auf dem Hof Nieder-Schwarzentrub gehörten zu den angesehenen und wohlhabenden Familien in der weitläufigen Kirchgemeinde Trub. Seit den 1630er Jahren wohnen Peter Habegger und Anna Gerber mit einer wachsenden Kinderschar auf dem Hof.[1] Der Vater bekleidet seit 1673 den einflussreichen Posten eines Kirchmeiers und geniesst dabei das Vertrauen von Pfarrer und Gemeinde. Für alle überraschend demissioniert er aber bereits zwei Jahre später.[2] Geschah es vielleicht darum, weil in der Familie nicht mehr alles so rund lief? Könnte es sein, dass der jüngste Sohn Peter bereits jetzt seine wachsenden täuferischen Überzeugungen im Familienkreis kundtat und so den Vater in Loyalitätskonflikte stürzte? Wir wissen es nicht.

Bild von Kühen im Nebel auf einer Weide

(Fast) Unsichtbar bleiben – so wie Kühe im Nebel.

(Foto: Markus Rediger).

Aber geheim halten liessen sich die täuferischen Überzeugungen von Sohn Peter auf die Länge nicht. Jahrelang nicht mehr bei Gottesdienst und Abendmahl zu erscheinen, das musste auffallen. Zumal bei einer derart bekannten Familie.

Prompt wird der mittlerweile bald 29jährige Peter Habegger im Februar 1684 vor Chorgericht zitiert, erscheint dort aber nicht.[3] Nachdem auch der Landvogt auf Trachselwald eingeschaltet wird, handelt der Vater umgehend. Noch bevor weiteres Unheil über die Familie einbrechen kann, enterbt dieser seinen gleichnamigen Sohn.[4] Als jüngster männlicher Nachkomme verliert der Junior damit den auf 12'000 Pfund geschätzten Hof, der ihm laut geltendem Recht zugefallen wäre.

Mit Glück und dank Nachbarschaftshilfe vermag sich Habegger der Inhaftierung in der Folge immer wieder zu entziehen. Bereits in den 1690er Jahren spielt er offenbar eine wichtige Rolle im Rahmen der innertäuferischen Auseinandersetzungen mit einer Gruppe von Oberländer Täufern rund um die Gebrüder Jakob und Ulrich Amman aus Erlenbach im Simmental.[5]

Wiederholt taucht er in den sogenannten «Trennungsbriefen» auf, da er von der amischen Seite offenbar als zentraler Ansprechpartner gesehen wird für die eine weniger strenge Linie bevorzugende Täuferbewegung im hinteren Emmental. Habegger gehört ebenfalls zu den Unterzeichnern eines im elsässischen Ohnenheim bei Colmar formulierten Dokuments vom 13. März 1694, wo eine Reihe von Schweizer und Pfälzer Gemeindeleitern den Bruch mit den Amischen vollzog.

Peter Habegger war von seinem Vater zwar enterbt worden, und von der Obrigkeit wurde er steckbrieflich gesucht. Und doch scheint es ihm auf verschlungenen Wegen gelungen zu sein, Vieh zu besitzen und es – gleichsam unter den Augen der Obrigkeit - auf Truber Boden weiden zu lassen. Aber auch dies entgeht den Behörden auf Dauer nicht: Anfangs 1709 werden ihm durch den Landvogt zu Trachselwald 20 Kühe konfisziert.[6]

Nach 1711 ist Habeggers Aufenthalt weitgehend unklar. Immer wieder vermutet man, Habegger halte sich wohl zeitweise beim Langnauer Täuferlehrer Daniel Grimm auf, der ins Luzernische geflohen war.[7]

Als Täuferlehrer hatte Peter Habegger oft ins Elsass und in die Pfalz geflüchtete Berner Täuferinnen und Täufer besucht. Ernüchtert von geistlicher Not und materiellem Elend in diesen Gemeinden war Habegger in seiner Heimat zum radikalen Gegner von Auswanderung und Flucht geworden. Laut Pfarrer Stapfer von Trub war Habegger es, der seinen Glaubensgeschwistern «fleissigst vorstellte, sie sollind im Land bleiben so lang sie könnind, in dem sie es nirgend besser als hier im Land habind».[8] Für Habegger scheint demnach die - von ihm als bloss vorübergehend eingeschätzte - Repression durch die eigene Obrigkeit das kleinere Übel gewesen zu sein, als der Abbruch aller gewachsenen Beziehungen und das definitive Verlassen der Heimat. Entsprechend betonte er mit Psalm 24: «Die Erde ist des Herrn – und alles was darinnen ist!» Darum habe keine irdische Obrigkeit das Recht, sie aus ihrer Heimat zu vertreiben! Auch nicht die Gnädigen Herren von Bern!

Auch er konnte es allerdings nicht verhindern, dass etliche seiner täuferischen Verwandten und Nachbarn sich später im Fürstbistum Basel in den jurassischen Freibergen niedergelassen haben. Etliche Nachkommen leben bis heute dort – noch viel mehr mittlerweile aber in Nordamerika.[9]


[1] Zur Hochzeit des Paares am 6. Februar 1632 vgl. KB Trub 21, 7. Zur Taufe ihrer Kinder Elsbeth, Vinzenz, Christina, Ueli, David, Abraham, Hans, Barbara und Peter in den Jahren von 1637 bis 1655 vgl. die Angaben in StABE, KB Trub 2 und 3.
[2] StABE, CGM Trub 2, 26
[3] StABE, CGM Trub 2, 197.
[4] StABE, Bez Trachselwald A 490, 68ff.
[5] Vgl. dazu Hanspeter Jecker, Die Entstehung der Amischen (1693ff.), in: Mennonitica Helvetica 42 (2019), 64-80.​​​​​​​
[6] StABE, Bez Trachselwald A 989, 15.​​​​​​​
[7] StABE, B III 122, 553ff.​​​​​​​
[8] StABE, B III 122, 553ff.​​​​​​​
​​​​​​​[9] Vgl. dazu Virgil Miller, Both Sides oft he Ocean. Amish-Mennonites from Switzerland to America, Morgantown 2002.