Ulrich Steiner

Ulrich Steiner (1806–1877) stammte vom Hof Hämlismatt im Heimisbach (Trachselwald), und zog später um auf den Hof Badertschen in der Gemeinde Lauperswil. Ulrich Steiner wuchs in der reformierten Kirche auf, schloss sich dann aber 1825 der Täufergemeinde an. Bereits um 1830 erfolgte seine Wahl zum Prediger, 1834 verheiratete er sich mit Elisabeth Wüthrich von Trub, und nur ein Jahr später wurde er 1835 zum Ältesten gewählt - kurz nach der Gemeinde-Spaltung durch den Wegzug einiger Mitglieder zu den «Neu-Täufern».[1]

Bild von Ulrich Steiner

Ulrich Steiner (1806-1877) Anonymes Portrait (in: Mennonitischer Gemeinde-Kalender 1906).

Die Zeiten der schwersten Verfolgung waren seit der Abschaffung der bernischen Täuferkammer von 1743 zum Glück vorbei. Und mit der Französischen Revolution hatten auch die Täufergemeinden im Emmental etwas mehr «liberté – égalité – fraternité» verspürt. Aber völlig vorbei waren Phasen der Repression damit noch keineswegs. So wurden noch im Jahr 1811 in Langnau 26 Kinder aus täuferischen Familien zwangsgetauft. Auch Ulrich Steiner wurde wegen «Verstoss gegen das Proselytenverbot» von 1823 verschiedentlich mit Bussen und Gefängnis bestraft, nach Protesten aber jeweils wieder freigesprochen und rehabilitiert.

Sein Vergehen bestand darin, dass der kirchliche Tauf-Unterricht, den er für Jugendliche aus der Täufergemeinde erteilte, offenbar so attraktiv war, dass auch Jugendliche aus reformierten Kirchen ihn gern besuchten – und dass Steiner das zuliess. Noch stärkeren Repressionen ausgesetzt war die im Kontext der Erweckungsbewegung 1832 entstandene «Neutäufer»-Bewegung.

Ulrich Steiner scheint aufgrund seiner eindringlichen und zu Herzen gehenden Verkündigung, sowie seinem auf Ausgleich und Versöhnung zielenden sanftmütigen Charakter weit über Täuferkreise hinaus geachtet und geschätzt worden zu sein.

Er ist Autor mehrerer Briefe und erbaulicher Schriften.[2] Bekannt geworden ist er vor allem als Verfasser des Buches «Angenehme Stunden in Zion», von dem sogar eine Übersetzung ins Englische veranlasst worden war.[3]

Ein eindrückliches Zeichen dafür, dass auch unter den Kirchen im Emmental das frühere Gegeneinander allmählich einem Miteinander zu weichen anfing, ereignete sich an Ulrich Steiners Beerdigung in Lauperswil: Der reformierte Pfarrer Mauerhofer würdigte den verstorbenen Täuferprediger als eindrückliches Vorbild in Glauben und Leben.

Bild einer Doppelseite Handschrift von Ulrich Steiner

Beispiel einer eng beschriebenen Doppelseite aus der Handschrift von Ulrich Steiner im Archiv des Schweizerischen Vereins für Täufergeschichte, Bienenberg / Liestal)      (Foto HPJ).


[1] Zur Geschichte der Entstehung der Neutäufer-Gemeinde im Emmental vgl. die nebenstehende Kurzbiographie zu Samuel H. Fröhlich. Für weitere Details vgl. Bernhard Ott, Neues Licht auf die Entstehung der «Neutäufer». Die Trennung der Neutäufer von den Alttäufern im Emmental im Lichte der schriftlichen Aufzeichnungen von Samuel Heinrich Fröhlich, in Mennonitica Helvetica 18 (1995), 6990. In der Schweiz bestehen aktuell zwei verschiedene «neutäuferische» Gemeindeverbände. Die offenere Richtung ist zusammengeschlossen im Bund Evangelischer Täufer-Gemeinden ETG, die abgeschlossenere Gruppe verfügt über keine ausgeprägte Organisationsstruktur und lebt sehr zurückgezogen, ohne Kontakt mit anderen Kirchen.
[2] Hanspeter Jecker, Alte Handschrift – neu entdeckt. «Kurze Betrachtung» des Emmentaler Ältesten Ulrich Steiner (1806-1877), in: Mennonitica Helvetica 41 (2018), 139-142.
​​​​​​​[3] Vgl. dazu auch Samuel Geiser, Art. "Steiner, Ulrich (18061877)." In: Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online. 1959. http://gameo.org/index.php?title=Steiner,_Ulrich_(1806-1877)&oldid=146267 (Zugriff 2.12.2018).